Licht für die Finsteren

Das war das wahrhaftige Licht, das, in die Welt kommend, jeden Menschen erleuchtet. Er war in der Welt, und die Welt wurde durch ihn, und die Welt kannte ihn nicht. Er kam in das Seine, und die Seinen nahmen ihn nicht an. (Johannes 1: 9-10)

… so viele ihn aber aufnahmen, denen gab er das Recht, Kinder Gottes zu werden, denen, die an seinen Namen glauben; die nicht aus Geblüt, auch nicht aus dem Willen des Fleisches, auch nicht aus dem Willen des Mannes, sondern aus Gott geboren sind. (Johannes 1: 11-13)

Auch wenn Jesus wahrscheinlich nicht zu Weihnachten geboren wurde, d.h. in der dunkelsten Zeit des Jahres, sondern wohl eher um das Laubhüttenfest – also zum Fest der vollen Ernte, symbolisiert in unseren Breiten die kirchliche Tradition treffend die geistliche Dunkelheit, in die Gott hinabstieg, um sie durch Sein Licht zu vertreiben.

Noch vor Seiner Geburt zeigte sich, daß die Menschen, zu deren Erleuchtung und Rettung der Gottessohn den Weg der Erniedrigung ging, Ihm noch nicht einmal einen Raum für eine Geburt unter ihresgleichen einräumen konnten. Dies und besonders die nach der Geburt einsetzende Bedrohung durch die Mordkommandos des Herodes offenbaren die abgründige Tiefe dieser Dunkelheit. Die nächtliche Flucht nach Ägypten ist eine Vorschattung der Nacht, die zur Mittagszeit am Karfreitag sogar die Natur erfaßte.

Für die Augen des normalen Menschen eine Geschichte des Scheiterns, die schon vor der Geburt vorgezeichnet schien – eine Perspektive die zunächst selbst die Emmausjünger teilten. Aber schon in den ersten Versen seines Evangeliums (1,5) macht Johannes deutlich, daß auch hier unsere verdunkelten Augen die göttliche Wirklichkeit nicht erkennen können. So abgrundtief sie auch ist – die Dunkelheit unsrer Menschenwelt hat das Licht, das Jesus mit seinem Kommen in diese Welt brachte, nicht überwinden können.

Es bleibt unserem Verstand ein undurchdringliches Geheimnis, wie der allmächtige Gott in dieser Geschichte der Erniedrigung in der Krippe und des ’Scheiterns’ am Kreuz Seinen Triumph über die Finsternis um uns und in uns verwirklicht. Dennoch kann selbst unser verfinsterter Verstand von dem Licht Seiner Erkennnis erfüllt werden, wenn wir im Vertrauen auf sein Wort das tun, wozu Jesus gekommen ist – Ihn aufnehmen und damit den, der Ihn gesandt hat. Das Licht, das durch die damit bewirkte Geburt von oben dann in unseren Herzen aufleuchtet, wird selbst die Nacht unseres Sterbens nicht mehr „ergreifen“ können.

Daß ausgerechnet die gesellschaftlichen und religiösen Außenseiter seiner Zeit – die Hirten und heidnischen Magier – die ersten waren, die dieses Licht wahrnehmen konnten und sich ihm öffneten, das ist typisch für die Wege Gottes mit Seinen verlorenen Geschöpfen: Damit sich niemand rühme.

– RF